Letzte Woche habe ich folgendes Zitat veröffentlicht:
Es gibt nur ein Mittel, um so zu sprechen und zu schreiben, daß man niemals aus der Mode kommen kann: man muß aufrichtig sprechen und schreiben."
Ralph Waldo Emerson, "Von der Schönheit des Guten
Daraufhin kamen viele Reaktionen und Nachrichten. Der Zuspruch hat mich gefreut und so habe ich angefangen, mir Gedanken zu machen:
Was berührt mich bei diesem Zitat so? Aufrichtigkeit!
Doch was ist Aufrichtigkeit genau?
Laut Wikipedia bedeutet Aufrichtigkeit der
„eigenen, inneren Überzeugung ohne Verstellung Ausdruck zu geben“. Sie
zählt auch zu einer der sieben Tugenden des Bushido (nein, ich meine
nicht den Rapper). Bushido ist der Verhaltenskodex und die Philosophie der
Samurai. Doch nicht nur bei dem
japanischen Militäradel wird die Aufrichtigkeit geschätzt, sie ist auch eine
der preußischen Tugenden.
Aufrichtigkeit richtet auf –innerlich
wie äußerlich. Wenn ich mir das Wort langsam auf der Zunge zergehen lasse, auf – richten und es nachspüre, dann
verändert sich meine Haltung. Ich richte mich auf. Das bedeutet mehr Standfestigkeit, verbunden
mit der Erde – aber auch mehr Streckung in Richtung Himmel. Die Schultern gehen leicht nach hinten unten,
der Brustkorb öffnet sich. Ich gehe in Verbindung zu mir – zu meinem Herzen, zu
meinem inneren Wissen.
Man kann sich nicht sein Leben lang selbst etwas vormachen und dann danach leben. Das ist eine Stresssituation, die krank macht. Man empfindet schließlich keine Glücksgefühle mehr.
Das Leben wird schwer und traurig. Damit aber kann der Körper sein inneres Gleichgewicht nicht aufrechterhalten. Der Aufbau der Immunglobuline lässt nach, man wird anfälliger für Krankheiten. Deshalb ist es so wichtig seiner inneren Stimme zu folgen und aufrichtig zu seinen eigenen Gefühlen zu sein. Es hält gesund und macht das Leben einfacher und leichter.
Wie oft ist man aus Höflichkeit unaufrichtig! Man will den anderen nicht verletzen und sagen, reden oder tun, was er möchte.
Ehrlich und klar auszusprechen, was ich empfinde und möchte, ist zwar im ersten Moment schwerer. Doch der andere fühlt sich danach besser, weil er spürt, dass er es mir wert ist, dass ich ehrlich und aufrichtig zu ihm bin und nicht nur oberflächlich höflich zu ihm war. Beiden geht es danach besser und das Band zwischen beiden ist stärker als bei reiner Höflichkeit.
Die Stimme transportiert die Gefühle nach außen und
der Gesprächspartner spürt, wie man zu
ihm steht. Wenn ich das Gespräch achtsam beginne, wird man das nicht nur aus
meinen Worten hören und an meinem Gesicht ablesen, sondern auch in der Stimme
wahrnehmen. Es ergibt sich ein homogenes
Bild, die Grundlage für jedes Vertrauen. Menschen schätzen es, wenn man ihnen
aufrichtig begegnet.
Zum Schluß noch eine kleine Geschichte:
Die Stimme der Aufrichtigkeit
Ein Herrscher aus alten Zeiten grübelte über die Fragen
des Lebens nach. Weil ihn das Wesen von Gut und Böse beschäftigte, befahl er
seinem Diener, die Organe zu bringen, die am besten, schönsten und wertvollsten
seien. Der Diener brachte Herz und Zunge eines Tieres. Der Herrscher
betrachtete die Organe, dachte über deren Sinn nach und schickte den Diener
nun, die hässlichsten und schlechtesten Organe zu holen. Der ging und brachte
wiederum ein Herz und eine Zunge. Erstaunt fragte der Herrscher seinen Diener:
"Du bringst Herz und Zunge als die besten Organe, aber auch gleichzeitig
als die schlechtesten, wie kommt das?" Der Diener antwortete bescheiden:
Wenn das, was ein Mensch fühlt und denkt, offen von Herzen kommt und die Zunge
nur Wahres sagt, sind Herz und Zunge die wertvollsten Organe. Der Mensch, dem
sie gehören, fühlt sich gesund und glücklich. Wenn aber das Herz zu einer
Mördergrube wurde, die Wünsche verleugnet und die Zunge Unwahres und Falsches
sagt, sind beide Organe die reine Strafe für den Menschen, dem sie gehören. Die
Zwietracht, die er nach außen sät, erfüllt auch sein Inneres und das Glück hat
sich von ihm gewandt.
Quelle: Nossrat Peseschkian, Der nackte
Kaiser
Veronika Krytzner
Bild: Radka Schöne/pixelio
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